Akkorde der Gitarre
in Theorie und Praxis
kkorde gehören zum täglich Brot eines Gitarristen. Je mehr Akkorde
du beherrscht, umso mehr Lieder wirst du spielen können.
Als Neuling auf der Gitarre ist es sinnvoll erst einmal ein paar grundlegende Akkorde auswendig zu lernen, um das eine oder andere Lied begleiten zu können. Im Verlauf der Jahre und mit einem wachsenden Reportoire an Liedern kommen jedoch mehr und mehr Akkorde zu deinem Portfolio hinzu.
Die Konstruktion der Gitarre ermöglicht es ein und derselben Akkord auf verschiedene Art und Weise auf dem Griffbrett zu greifen, wobei sich die unterschiedlichen Griffvariationen in ihrer Tonhöhe und Klangfarbe teils deutlich unterscheiden. Zudem existiert eine schier endlose Zahl an Akkordkonstrukten, teils mit recht kurios klingenden Bezeichnungen.
A
Aufgrund der Fülle der Akkorde wird es im Laufe der Zeit immer schwieriger diese klar auseinander zu halten und selten gebrauchte Akkorde im Fall der Fälle wieder abzurufen. Selbst wenn du ein brilliantes Gedächtnis hast und dir alle gelernten Akkorde auf Dauer merken kannst, wirst du immer wieder auf neue, dir noch unbekannte Akkorde stossen.
In diesem Workshop werde ich dir erklären, wie du mit ein paar einfachen Kniffen nie wieder Akkorde auswendig lernen musst. Im ersten Teil des Workshops sehen wir uns die Mechanismen an mittels derer sich Akkorde im Nu zusammenbauen, zerlegen und auf dem Griffbrett anwenden lassen. Im zweiten Teil zeige ich dir, wie du jeden Akkord an verschiedenen Positionen des Griffbretts spielen kannst.
Teil III befasst sich mit der harmonischen Zusammenspiel von Akkorden. Insbesondere wenn du planst, dich mit dem schreiben eigener Lieder und Solos zu befassen, wird das Wissen aus diesem Workshop ausserordentlich hilfreich sein, um die passenden Akkorde für dein Begleitung und Einzelnoten für deine Solo Parts zu bestimmen.
Anmerkung:
In diesem Kapitel beziehe ich mich immer wieder auf einzelne Noten am Griffbrett. Nebenstehend findest du eine Aufsstellung, welche das Griffbrett mit all seinen Ganz- und Halbtönen darstellt. Ich empfehle dir das Dokument auszudrucken und beim Durchdenken dieses Kapitels bereit zu halten.
Workshop Akkorde
Teil I
In diesem Abschnitt erkläre ich die Grundlagen der Akkordtheorie und zeige, wie du Akkorde selber baust und bestehende Akkorde in ihre einzelnen Töne zerlegst.
Teil II
Ich zeige dir, wie du mit ein paar einfachen Tricks hunderte von Griffen in sekundenschnelle spielen kannst, ohne diese jemals gelernt zu haben.
Teil III
Der letzte Teil des Workshops befasst sich mit den Grundlagen des Songwritings (Akkordprogressionen, Akkordsubsitutionen, ...).
Teil I - Theoretische Grundlagen
Der Dreiklang
Bei den gängisten Akkorden auf der Gitarre handelt es sich um sogenannte Dreiklänge. Dreiklänge sind Akkorde die aus genau drei verschiedenen Tönen bestehen (z.B.: C-Dur besteht aus den den Tönen C, E, G). Welche Töne für einen Dreiklang Akkord verwendet werden, gibt uns die Dur- und Moll-Tonleiter vor.
Namensgebung von Dreiklang Akkorden
Der Name des jeweiligen Dreiklang Akkordes ergibt sich aus zwei Faktoren:
-
dem verwendeten Grundton
Der Grundton ist in der Regel jener Ton, der auf dem Griffbrett auf der tiefsten zu spielenden Basssaite erklingt. Dieser gibt zugleich die Tonart der Tonleiter an.
-
dem Abstand zwischen den drei verwendeten Tönen
Der Abstand zwischen den drei Tönen bestimmt, ob es sich um einen fröhlich und hell klingenden Dur-Dreiklang oder einen melancholischen Moll-Dreiklang handelt (Tongeschlecht). Dur wird beim Akkordsnamen meist nicht explizit angegeben während Moll Akkorde mit dem Zusatz "m" gekennzeichnet werden (z.B.: Dm)
Der Abstands macht's - Dur oder Moll Dreiklang
Dur-Dreiklang
Die Dur-Tonleiter besteht aus 7 Tönen, die in einem bestimmten Abstand zueinander stehen. Diese genau definierten Abstände ergeben den Tonleiter-Schlüssel. Dieser Schlüssel hilft uns die richtigen Töne für einen Dreiklang Akkord zu finden.
In der Nachfolgenden Grafik sehen wir die Töne 1-8, wobei der 8. Ton wieder dem ersten Ton (dem Grundton) der Dur-Tonleiter entspricht - nur eine Oktave höher. Die einzelnen Töne sind entweder durch einen Halbton- (H) oder einen Ganztonschritt (T) voneinander getrennt.
Ein Dur-Dreiklang setzt sich immer aus der dem 1., dem 3. und 5. Ton der Dur-Tonleiter zusammen. Zwischen dem 1. und 3. Ton befinden sich 4 Halbtöne, zwischen dem 3. und 5. Ton 3 Halbtöne.
Dur-Schlüssel:
Grundton + große Terz (4 Halbtöne) + kleine Terz (3 Halbtöne)
Beispiel: D-Dur Akkord
Der Name des D-Dur Akkords verrät uns bereits, dass der Grundton ein D ist. Gehen wir nun 4 Halbtonschritte weiter, gelangen wir von D auf F#. Von dort 3 Halbtonschritte weiter landen wird beim A. Der D-Dur Akkord besteht also aus den drei Tönen D, F#, A.
Mit dem gleichen Schema lassen sich alle Dur Akkorde ableiten. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Dur-Dreiklänge in allen Tonarten:
T = Ganztonschritt (entspricht 2 Halbtonschritten)
H = Halbtonschritt
Moll-Dreiklang
Auch beim Moll-Dreiklang setzt sich der Akkord aus dem 1., dem 3. und dem 5. Ton zusammen. Jedoch sind hier die Abstände zu den einzelnen Tönen anders.
So ist beim Dur-Dreiklang der Grundton nur 3 Halbtöne vom 3. Ton entfernt (also 1 Halbton näher als beim Dur-Dreiklang). Der Abstand zwischen 3. und 5. Ton ist dafür grösser geworden und entspricht nun 4 Halbtonschritten.
Moll-Schlüssel:
Grundton + kleine Terz (3 Halbtöne) + große Terz (4 Halbtöne)
Beispiel: D-Moll Akkord
Wie beim D-Dur Akkord starten wir mit dem Grundton D. Wir gehen diesmal allerdings nur 3 Halbtonschritte weiter. Damit landen wir beim F. Von hier weitere 4 Halbtonschritte und wir sind beim 5. Ton, dem A.
Der D-Moll Akkord besteht also aus den Tönen: D, F, A
Hier noch die Aufstellung aller Moll-Dreiklänge:
T = Ganztonschritt (entspricht 2 Halbtonschritten)
H = Halbtonschritt
SCHREIBWEISE:
In der Literatur wirst du zur Beschreibung von Dur-Dreiklängen häufig die Schreibweise 1-3-5 finden. Da der 3. Ton bei den Moll-Dreiklängen immer einen Halbton unter dem 3. Ton der Dur-Dreiklänge liegt, werden Moll-Akkorde gerne mit 1-b3-5 angegeben.
Kennst du also die Noten eines Dur-Akkords, kannst du einfach den 3. Ton um einen Halbton herabsetzen und du erhältst den Moll Akkord.
Komplexe Akkorde
Neben den Dreiklängen gibt es auch Akkorde die sich aus mehreren Noten zusammensetzten (sogenannte "Mehrklänge"). Zu den Mehrklangakkorden zählen:
Sextakkorde
Schema Dur: 1-3-5-6 / Moll 1-b3-5-6
Zum Dreiklang wird beim Sextakkord die 6. Tonstufe der Dur Tonleiter hinzugefügt. Der Name eines Sextakkords setzt sich aus dem Grundton, dem Tongeschlecht und der zusätzlichen 6. Tonstufe zusammen (z.B.: E6)
Beispiel Dur-Akkord:
G6 |Tonstufen: 1, 3, 5, 6 | Töne: G – B – D – E
Beispiel Moll-Akkord:
Am6 |Tonstufen: 1, b3, 5, 6 | Töne: A – C – E – F#
Septakkorde
Schema: 1-3-5-7 und 1-b3-5-b7
zum Dreiklang wird beim Septakkord die 7. Tonstufe der Dur Tonleiter hinzugefügt. Der Name eines Septakkords setzt sich aus dem Grundton, dem Tongeschlecht und der zusätzlichen 7. Tonstufe zusammen (z.B.: Em7)
Beispiel Dur-Akkord:
A7 | Tonstufen: 1, 3, 5, 7 | Töne: A – C# – E – G
Beispiel Moll-Akkord:
Bm7 | Tonstufen: 1, b3, 5, b7 | Töne: B – D – F# – A
Nonakkorde
Schema: 1-3-5-7-9 und 1-b3-5-b7-9
Nonakkorde bauen auf den Septakkorden auf. Zum Dreiklang wird bei Nonakkorden die 7. Tonstufe und die 9. Tonstufe der C-Dur Tonleiter hinzugefügt. Der Name eines Nonaakkords setzt sich aus dem Grundton, dem Tongeschlecht und der 9. Tonstufe zusammen (z.B.: G9)
Beispiel Dur-Akkord:
G9 | Tonstufen: 1,3,5,7,9 | Töne: G B D F# A
Beispiel Moll-Akkord:
Dm9 | Tonstufen: 1, b3, 5, b7, 9 | Töne: D F A C E
Suspendierte Akkorde (sus-Akkorde)
Statt der dritten Tonstufe wird entweder die zweite (sus2) oder die vierte Tonstufe verwendet (sus4). Da die dritte Tonstufe bestimmt welches Tongeschlecht ein Akkord hat, kann man bei suspendierten Akkorden nicht mehr nach Moll oder Dur unterscheiden.
Beispiel sus2:
Gsus2 | Tonstufen: 1,2,5 | Töne: G A D
Beispiel sus4:
Esus4 | Tonstufen: 1,4,5 | Töne: E A B
Verminderte Akkorde:
Ein verminderter Akkord besitzt immer kleine Terzen, als Abstand zwischen zwei benachbarten Tönen.
Der Name eines verminderten Akkords setzt sich aus dem Grundton und dem Zusatz "dim" zusammen (z.B.: Gdim)
Beispiel:
Cdim | Tonstufen: 1 b3 b5 bb7 | Töne: C Eb Gb A
Quintakkord (Power Chords)
Schema: 1-5
Power-Chords sind vor allem im Bereich der Rock-Musik sehr beliebt. Ein Quintakkord besteht nur aus dem Grundton und der fünften Tonstufe (Quinte), also zwei Tönen. Wie bereits bei den suspendierten Akkorden fehlt auch hier die die dritte Tonstufe (Terz) und somit kann auch ein Power Chord nicht in Dur oder Moll unterteilt werden. Der Name eines Power Chords setzt sich aus dem Grundton und der fünften Tonstufe zusammen (z.B.: C5)
Beispiel 1:
E5 | Tonstufen: 1,5 | Töne: E B
Beispiel 2:
A5 | Tonstufen: 1,5 | Töne: A E
Beliebiger Akkord mit zusätzlichen Tönen (add):
Jeder Akkord kann theoretisch um zusätzliche Töne der Tonleiter erweitert werden. Dies Akkorde werden neben dem Grundton und dem Tongeschlecht um den Zusatz „add + Tonstufe der zusätzlichen Note“ im Namen erweitert.
Beispiel 1:
Cadd2 | Tonstufen: 1, 2, 3, 5 | Töne: C, D, E, G
Beispiel 2:
Cadd9 | Tonstufen: 1, 3, 5, 9 | Töne: C, E, G, D
Akkorde mit abweichender Bassnote:
Manchmal möchte man eine andere Note als Bassnote verwenden, als im Akkord vorgesehen ist. Um dies in der Bezeichnung des Akkordes zum Ausdruck zu bringen, schreibt man den Basston, durch einen Querstrich getrennt, hinter die Akkordbezeichnung. Bis auf die geänderte Bassnote bleibt der Gitarrengriff unverändert.
Beispiel:
C/G | Töne: G C E G
Praktische Umetzung - Wie du Akkorde auf der Gitarre spielst
Bis jetzt hast du gelernt, wie du Akkorde zusammenbauen bzw. aus dem Namen eines Akkordes die einzelnen Töne ableiten kannst. Nun zeige ich dir, wie du mit diesem theoretischen Wissen quasi jeden Akkkord mit ein paar einfachen Schritten auf der Gitarre spielen kannst. Um das Ganze besser veranschaulichen zu können, verwende ich dazu zwei Akkorde als Beispiel (C-Dur und A-Moll). Doch schauen wir uns zunächst deine Gitarre näher an.
Die Standardstimmung
Entlang des Griffbretts befinden sich 6 Saiten, wobei diese nach Ihrer Tonhöhe angeordnet sind. Die dickste Saite (6) ist die tiefste Saite und die die dünnste Saite (1) die Höchste. Die drei dicksten Saiten nennen man Basssaiten und die drei dünnen Saiten sind die Melodiesaiten (auch „Diskant“ genannt).
In der nebenstehenden Grafik sehen wir die Töne der einzelnen Saiten in der Standardstimmung.
Sattel
Bundstäbchen
Abb.: Standardstimmung: E-A-D-G-B-e
Die Bünde
Dein Gitarrenhals wird durch vertikal verlaufende Stäbchen unterteilt („Bundstäbchen). Das oberste Stäbchen, welches den Gitarrenhals begrenzt, nennt man Sattel. Jeder Raum zwischen zwei Bundstäbchen ist vom vorhergehenden und nachfolgenden Zwischenraum genau einen Halbton entfernt. Innerhalb eines Zwischenraums ist jeder Saite ein fix definierter Ton zugeordnet. Drückst du mit einem Finger auf einen Zwischenraum und spielst die Saite, erklingt der entsprechende Ton. Eine Übersicht aller Töne am Griffbrett findest du hier.
Bastelstunde - Akkorde zusammenbauen und zerlegen
Akkorde können auf unterschiedlichste Weise am Griffbrett gespielt werden. Vorläufig beschränken wir uns auf die einfachste Variante, die sogenannten „Offenen Akkorde“. Bei diesen Akkorden versucht man möglichst viele Leersaiten in den Akkord einzubinden und nur dann eine Saite zu greifen, wenn dies nicht anders möglich ist. Für die „Offenen Akkorde“ konzentrieren wir uns auf die ersten 4 Bünde der Gitarre. In Teil II gehen wir einen Schritt weiter und ich zeige dir wie du einen Akkord an verschiedenen Positionen des Griffbretts greifen kannst (Barré-Akkorde).
Abb.: C-Akkord (C, E, G)
Abb.: Noten am Griffbrett
Abb.: Am-Akkord (A, C, E)
Beispiel C-Dur
Beginnen wir mit dem C-Dur Dreiklang. Wie du bereits im vorherigen Abschnitt gelernt hast, besteht der C-Dur Dreiklang aus den Noten C, E, G. Wir müssen nun die Finger am Griffbrett so positionieren, dass kein anderer Ton mehr mitklingt.
Um nur die notwendigsten Saiten drücken zu müssen, bestimmen wir zunächst jene Saiten deren Grundstimmung bereits einem der drei Töne entspricht. In diesem Fall sind es die Saiten 1 (e), 3 (G) und 6 (E). Diese Saiten können beim C-Dur Akkord also leer geschlagen werden.
Die restlichen Saiten müssen wir an den richtigen Stellen mit unseren Fingern abdrücken, um einen der drei Töne zu erzeugen. Wir beginnen mit der Grundstimmung der jeweiligen Saite und gehen so viele Halbtonschritte an den Bünden entlang bis einer der drei Töne erreicht ist. Die 2. Saite erhöhen wir um einen Halbton von B auf C. Die 4. Saite um zwei Halbtöne (D auf E) und die 5. Saite um 3 Halbtöne (A auf C).
Ein Offener Akkord beginnt in der Regel mit jener Basssaite, die dem Grundton entspricht. Der Grundton C kommt erstmalig auf der 5. Saite vor. Die 6. Saite wird daher nicht gespielt.
Beispiel Am:
Der Am Akkord setzt sich aus den Tönen A, C und E zusammen. Analog dem C-Dur Akkord suchen wir uns zunächst jene Saiten, die bereits einen der drei Töne enthalten. Dies sind die Saiten 1 (e) und 5 (A).
Für die restlichen Saiten suchen wir uns jene Stelle an der wir diese mit unseren Fingern abdrücken müssen. Die 2. Saite drücken wir auf dem ersten Bund (C). Die 3. und 4. Saite auf dem 2 Bund (A und E). Die tiefste Saite mit dem Grundton A ist die zweite Basssaite (5. Saite). Aus diesem Grund wir die 6. Saite nicht nicht gespielt.
Analog dem Vorgehen in diesen beiden Beispielen kannst du quasi jeden Akkord in der Offenen Position auf dem Gitarrenhals spielen, ohne dass du den Akkord jemals zuvor gelernt hast.
Well Done!
Du bist nun am Ende des ersten Teils angelangt und bist nun in der Lage jeden Akkord in der offenen Position selbst zusammenzubauen, zu zerlegen und auf deiner Gitarre zu spielen. In Teil II gehen wir einen Schritt weiter und ich zeige dir wie du einen Akkord an verschiedenen Positionen des Griffbretts mithilfe von Barré-Akkorden in sekundenschnelle greifen kannst, ohne diese jemals zuvor benutzt zu haben.
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